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Wie Kinder mit Spaß Vokabeln lernen

englische Vokabeln im Schulbuch

02.05.2021

Mama Katrin fragt ihre Tochter Lisa, 6. Klasse Englisch-Vokabeln ab: Was heißt ‘Kleid’? Was bedeutet ‘to wear’?

Das geht eine ganze Weile, bis sie die Seite im Englischbuch durchgearbeitet haben. Lisa ist nicht wirklich zufrieden: sie hat ca. 20 Minuten in ihrem Zimmer gesessen und die 32 Wörter gelernt.

Nun, nach dem Abfragen sind noch gut 25% vorhanden. Das ist gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass Lisa sich hingesetzt hat, und eine Vokabel nach der anderen gelesen und die Übersetzung noch einmal vor sich hingesagt hat.

Lisas 25% Vokabel-Lern-Erfolg ist erst die halbe Wahrheit. Die Frage ist, wieviel weiß sie morgen früh noch, wenn der Vokabeltest ansteht? Wieviel wird sie davon noch in einer Woche wissen oder in einem Monat?

Das Gehirn will sich nicht alles merken

Das Problem ist nämlich, dass die Anzahl der Wörter, die Lisa an einem Tag lernt, praktisch gleich Null ist. Was? Wie kann das denn sein? Die Antwort ist, dass das Gehirn grundsätzlich nicht langfristig plant und behält. Das liegt daran, dass das Gehirn zwar ca. elf Millionen Informationen pro Sekunde aufnehmen kann, aber nur ca. 40 davon bewusst verarbeitet*.

Das Gehirn ist also permanent damit beschäftigt Informationen zu filtern. Indem Lisa die Vokabeln wiederholt (vor)liest und aufsagt, erhöht sie die Wahrscheinlichkeit, dass die Information nicht “durchfällt”. Auf diese Weise weiß Lisa dann irgendwann auch, dass ‘dress’ das Kleid ist und ‘to wear’ tragen bedeutet.

Aber mal ehrlich, macht dieses klassische Auswendiglernen Spaß? Und wie mühsam ist das? Zwölfjährige haben bestimmt andere Ideen, was sie mit ihrer Zeit anfangen?!

 

Langweilige Vokabeln werden von Gehirn nicht für wichtig gehalten

Unser Gehirn kann sich auch auf eine andere Art und Weise Informationen merken, nämlich dann, wenn sie interessant, das heißt “merk-würdig” sind.

Interessant ist all das für das Gehirn, was viele Sinne anspricht und/oder wo der Inhalt mit etwas sehr Emotionalem verknüpft ist. Kannst du dich zum Beispiel an deinen ersten Kuss erinnern oder den Urlaub, wo alles schief ging? Du weißt bestimmt noch, wo das war, wie es da aussah oder gerochen hat?

Das ist ein extremes Beispiel und hat nichts mit Vokabeln lernen zu tun. Allerdings kann man sogar Vokabeln so mit Sinnen und Emotionen verknüpfen oder beladen, dass sie uns zum Beispiel zum Lachen bringen oder auch zum Weinen.

Dieses Beladen erfolgt in sogenannten Merkbildern. Ziel ist es, die Vokabel und die Übersetzung in ein Bild zu verwandeln, das Lisa genau vor ihrem geistigen Auge sehen und erleben kann. Wie genau dieses Bild aussieht oder wie es entsteht, ist sehr individuell und hängt auch vom bisherigen Wissen ab. Denn neues Wissen wird auf diese Art immer an bestehendes Wissen angeknüpft.

Mach Vokabeln interessant und “merk-würdig”!

Lisa kann die Schlüsselwortmethode nutzen. Dabei ist das vorhandene Wissen ein Wort (oder auch zwei Wörter), das so ähnlich klingt wie die Vokabel und das sie sich vorstellen kann.

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Zum Beispiel to wear klingt ein wenig wie die erste Silbe von Werwolf. Davon hat Lisa eine Vorstellung. Nun muss sie die Übersetzung mit in diese Bild einbauen. To wear heißt übersetzt ‘tragen’ und bezieht sich dabei auf Klamotten. Also trägt der Werwolf in Lisas Vorstellung irgendeine Klamotte (das kann sie sich selbst aussuchen).

Wenn Lisa mag, kann sie gleich die Vokabel ‘dress’ – das Kleid dazu lernen: Der Werwolf trägt ein Kleid und das ist mit Dressing vollgekleckert.

Um das Bild noch etwas zu verstärken ist das Kleid vielleicht rot und die weißen Dressingflecken deutlich sichtbar. Und dann war das auch noch Knoblauchdressing und dementprechend riecht der Werwolf stark nach Knoblauch. Das ist ziemlich eigenartig und Lisa muss eher lachen, als dass sie Angst vor so einem Werwolf im Kleid haben müsste!

Mit diesen kleinen Merkbildern, die Lisa mit jeder Vokabel machen kann, die ihr schwer fällt, sich zu merken, macht das Lernen gleich mehr Spaß und ist witzig.

Wissenschaftlich bestätigt:
Erfolgreich Vokabeln lernen mit der Schlüsselwortmethode

Auch Mama Katrin wird beim Abfragen der Vokabeln vom Ergebnis beeindruckt sein: Lisa erinnert sich an 53% der Vokabeln als bei der bisherigen Methode des wiederholten Aufsagens. Lisa ist gleichzeitig auch viel sicherer und ist sichtbar begeistert von ihrem Erinnerungsvermögen.

Wie schon verschiedene wissenschaftliche Studien* zu verschiedenen Fremdsprachen gezeigt haben: Das Lernen (merken) und Abrufen (erinnern) von Vokabeln erfolgt mit der Schlüsselwortmethode überdurchschnittlich gut und ist dem reinen Auswendiglernen überlegen.

Wirklich gelernt wird im Schlaf

Egal mit welcher Methode Lisa Vokabeln lernt, was sie braucht, um langfristig ihren Wortschatz zu erweitern (und auch bei den Abschlussprüfungen erfolgreich zu sein), ist die Überführung dieses Wissens ins Langzeitgedächtnis – die Konsolidierung.

Dieses Verschieben vom Zwischenspeicher ins Langzeitgedächtnis erfolgt im Schlaf. In der Phase des Tiefschlafes wird gefiltert und nur das in der Großhirnrinde abgespeichert (konsolidiert), was für das Gehirn interessant genug ist, um es aufzuheben.

Hier zeigt sich, wie wichtig es ist Informationen schon beim “Aufnehmen” interessant und “merk-wrdig” zu machen, damit wir uns später auch daran erinnern können.

Heißt also, ohne ausreichend (Tief)Schlaf wird Lisa selbst die 40% Erinnerungsquote durchs Auswendiglernen oder die 60% durch die Schlüsselwortmethode kaum aufrechterhalten.

Wiederholung ja, aber leicht darf es sein

Wenn Lisa nun weiterhin mit dieser Methode schwierige Vokabeln lernt, wird auch das Wiederholen ein Kinderspiel, weil es so viel leichter und schneller geht. Lisa wird erleben, dass sie sich auch an die Vokabeln von letzter Woche und jene von vor vier Wochen erinnern kann. Ihr Wortschatz in Englisch wächst tatsächlich!

Mama Katrin wird sich nun nicht mehr wundern, wenn Lisa sagt, sie ist schon fertig mit dem Vokabellernen, denn Lisa fällt es immer leichter, Merkbilder zu erfinden. Vokabellernen ist plötzlich kein ergebnisloser zäher Lernprozess mehr sondern eine kreative lustige Unterhaltungseinheit.

Die Kombination macht’s

Die Schlüsselwortmethode alleine ist nicht das Allheilmittel für besseres Vokabellernen. Auch sie hat ihre Grenzen. Je weiter eine Fremdsprache (phonetisch) von der Muttersprache entfernt ist, desto schwieriger wird es ein klangähnliches Schlüsselwort zu finden. In der Kombination verschiedener Lernmethoden bzw. Wiederholungsmethoden wird das Vokabellernen kreativ, abwechslungsreich und “merk-würdig”.

Mehr Ideen zum Kombinieren von Vokabellernmethoden und zur Schlüsselwortmethode bekommst du mit meinen kostenlosen Tipps in einer 3-teiligen E-Mail-Serie.

*Referenzen:

von Kopp D. (2015) 11 Millionen vs. 40 Bit. In: Focusing. essentials. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-08754-8_10

Pressley, M., Levin, J.R., Hall, J.W., Miller, G.E. & Berry, J.K. 1980. The keyword method and foreign word acquisition. Journal of Experimental Psychology: Human Learning and Memory, 6, 163-173.

Atkinson, R. C. (1975). Mnemotechnics in second-language learning. American Psychologist, 30(8), 821–828.

M.J. Lawson, D. Hogben 1998. Learning and recall of foreign-language vocabulary: Effects of a keyword strategy for immediate and delayed recall, Learning and Instruction, 8 (2), 179-194, https://doi.org/10.1016/S0959-4752(97)00016-9.

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