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Handschrift ist gut für das Gehirn

Handschrift ist gut für das Gehirn

22.01.2023

Wie oft schreibst du (noch) mit der Hand?
E-Mail, Chat, SMS und Sprachnachrichten haben die Handschrift im Alltag abgelöst und ermöglichen eine schnelle Kommunikation. Auch in den Schulen wird zumindest die verbundene Schreibschrift nicht mehr durchgehend gelehrt. Jedoch bestätigt die Forschung immer wieder, dass es gute Gründe gibt, doch immer mal wieder zu Papier und Stift zu greifen. 

Handschrift ist gut für das Gehirn

Handschrift ist gut für das Gedächtnis

Smartphone, Tablet, Computer, Laptops sind nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Sie unterhalten uns und können uns den Alltag erleichtern. Gleichzeitig ersetzen die digitale Geräte zunehmend das traditionelle Schreiben von Hand.

Es macht jedoch einen Unterschied, wie Informationen notiert werden: handschriftliche Notizen werden besser behalten als solche, die in einen Laptop getippt werden. Das scheint zunächst unlogisch, weil handschriftliche Mitschriften oft kürzer und weniger ausführlich sind.

Handschriftliche Notizen merkt man sich besser

In den Hörsälen und im Unterricht klappert es deutlich mehr als noch vor einem Jahrzehnt. Mitschriften werden eingetippt statt wie früher mit Stift zu Papier gebracht. Klar, wer geübt ist, ist damit oft schneller als mit der Hand und hinterher kann korrigiert, umgestellt und gelöscht werden. Es kann selbst Wochen später noch identifiziert, sprich gelesen werden.

Allerdings zeigt sich in Untersuchungen, dass der Stift ist mächtiger als die Tastatur: häufig werden nämlich die Informationen eins zu eins übernommen, quasi abgeschrieben, anstatt die Informationen zu verarbeiten und sie in eigenen Worten neu zu formulieren. Das beeinträchtigt den Lernprozess.

Durch die Handbewegung beim Formen der handgeschriebenen Buchstaben werden komplexere neuronale Verbindungen aktiviert als beim Tippen, das zwar auch körperliche Bewegung erfordert, jedoch nicht das gleiche Maß an Gehirnaktivität auslöst. Außerdem gibt es noch den räumlichen Aspekt: Wir erinnern uns häufig, in welchen Block wir geschrieben haben, auf welcher Seite, mit welcher Farbe, ob es ein Eselsohr gab oder ähnliches. Diese Details werden mit der eigentlichen Information verknüpft und helfen uns beim Erinnern.

Wer schon einmal einen Spicker für die Schule geschrieben hat, hat bestimmt schon festgestellt, dass der dann im Testat oder in der Klausur gar nicht mehr benötigt wurde. Auf wundersame Weise ist der Lernstoff plötzlich im Gedächtnis gewesen.

Spicker in Klassenarbeit

Schreiben mit allen Sinnen

Das Schreiben mit der Hand erzeugt viel mehr Aktivität in den sensomotorischen Teilen des Gehirns, spricht also verschiedene Sinne an: Wir fühlen den Druck des Stifts auf dem Papier, die Bewegung des Stifts, um einen Buchstaben zu formen, wir hören, wie der Stift über das Papier gleitet und wir sehen, wie sich die Buchstaben zu Worten formen. Wir nehmen außerdem die Oberfläche des Papiers wahr oder wo auf dem Papier wir geschrieben haben (oben, Mitte, mehr rechts oder links, neue Seite oder noch unten hingequetscht). Die gleichzeitige Aktivierung von Neuronen in verschiedenen Gehirnregionen führt zur Verknüpfung der Informationen und lernen findet statt.

Kind schreibt Buchstaben

Handschrift ist Training für das Gehirn

Die Forschung zeigt, dass das das Schreiben mit der Hand (nicht aber das Tippen oder Nachzeichnen von Buchstabenformen) nicht nur die Entwicklung der Feinmotorik kleiner Kinder fördert, sondern auch einen einzigartigen “Lese-Schaltkreis” im Gehirn aktiviert: die Fähigkeit, Buchstaben zu erkennen und zu verarbeiten – die Grundlage also für den Leseerwerb.

Das Schreiben per Hand hat noch weitere Vorteile:

Handschrift regt die Kreativität an

Und auch wenn das Tippen auf einer Tastatur viel schneller geht – es ist ja nur ein einzelner Druck auf einer Taste, um einen Buchstaben zu produzieren, hat die Langsamkeit der Handschrift einen Vorteil: das Gehirn hat mehr Zeit, Ideen zu verarbeiten, die beim Schreiben entstehen. Kreativität braucht Zeit.

Diese Zeit gewinnt man durch flüssige Handschrift, wodurch das Arbeitsgedächtnis entlastet wird und sich beim Schreiben mit anderen Dingen als mit der Schreibfähigkeit an sich befassen kann. Die freien kognitiven Ressourcen können genutzt werden, um sich auf Inhalt, Struktur und Formulierungen zu konzentrieren und somit die Qualität des Textes verbessern.

Ein weiterer Vorteil der Handschrift gegenüber eines Computers ist die geringere Ablenkung, vorausgesetzt die Geräte sind abgeschaltet oder leise gestellt. Es gibt keine Sofortnachrichten, Chat-Anfragen, Pop-ups, Klingel- und Signaltöne, die um Aufmerksamkeit kämpfen. Auch Wörterzählen, Seitenzahlen, Schriftart oder -farbe wählen und sonstige Formtierungsmöglichkeiten entfallen. Das alleine kann Energien bündeln, die Konzentration erhöhen und den kreativen Denkprozess anstossen.

Es ist also nicht verwunderlich, das viele berühmte Autoren zumindest einen grossen Tel ihre Romane mit der Hand schrieben. J.K. Rowling schreibt Entwürfe und Plots mit der Hand, Stephen King hat berichtet, dass er Dreamcatcher mit “dem besten Textverarbeitungsgerät der Welt, einem Waterman-Patronenfüller” geschrieben hat und für Quentin Tarantino ist Schreiben mit der Hand eine Zeremonie.

Handschrift macht glücklich

Meditation ist bekanntermassen eine gut etablierte Methode zum Stressabbau. Kalligraphie ist ebenso eine nützliche Technik zum Stressabbau: Die Herz- und Atemfrequenz sinken, die Hauttemperatur steigt an und Muskelspannung verringert sich. Das ist insofern auch nachvollziehbar, denn meditative Bewegungen wie sie im Qi Gong, Tai Chu Chuan oder Yoga vorkommen, bedienen gleichermassen Handbewegungen.

mädchen schreibt Tagebuch

Teenager beginnen häufig Tagebuch zu schreiben, um ihre Probleme und Ängste ohne Verurteilung oder Bestrafung loswerden zu können. Die Welt erscheint klarer, wenn alle Gedanken und Gefühle aus dem Kopf kommen. Wenn man nicht reden kann, dann ist “Papier geduldig”.

Aber das Konzept eines Tagebuchs gilt auch als Erwachsener: wer Gedanken und Gefühle aufschreibt, kann sie besser verstehen. Das gilt insbesondere bei Stress, Depressionen oder Angstzuständen. Lass dich deshalb nicht abhalten, (wieder) Tagebuch zu führen. Egal, ob du belächelt wirst, wenn du zugibst, deine Gedanken schriftlich festzuhalten, das Schreiben eines Tagebuchs oder Journaling, wie es nun heisst, hilft, die Laune zu verbessern.

Handschrift ist Ausdruck der Persönlichkeit

Sprüche wie “Du hast aber eine schöne Handschrift” oder “Du hast eine Sauklaue” zeigen deutlich, dass die Handschrift individuell sind und Ausdruck der Persönlichkeit. Je nachdem wie wir uns gerade fühlen, verändert sich das Schriftbild einer Person. Das liegt daran, dass der motorische Kortex im Hirn die Handbewegungen feinjustiert. Das zeigt sich auch in der Ausdrucksweise. Je nach Stimmung sind wir kreativer und wortreicher.
Allerdings sagt die Handschrift nicht alles über eine Person aus. Grafologen können zwar anhand einer Handschriftprobe durchaus Charakterstärken und Schwächen erkennen, aber nicht die tatsächlichen Handlungen.

Handschrift gibt einen persönlichen Stempel

Es wird viel diskutiert, ob Handschrift bzw. Schönschrift überhaupt noch an den Schulen unterrichtet werden muss. Wir leben immerhin im digitalen Zeitalter, wo der überwiegende Teil des Schreibens am Computer stattfindet. Kaum jemand schreibt noch Ansichtskarten geschweige denn Briefe. Sie wurden abgelöst durch E-Mail, SMS, Chats und Sprachnachrichten.

Inhaltlich mag dasselbe in den digitalen Nachrichten stehen, jedoch sieht das Geschriebene immer gleich aus. Am Ende verstecken sich in der Handschrift immer mehr Informationen als in einer digitalen Schrift.

Deshalb hinterlässt eine handgeschriebene Nachricht immer einen persönlichen Stempel und bekommen möglicherweise beim Adressaten einen höheren Stellenwert.


Ich zum Beispiel freue mich riesig, wenn ich eine Postkarte oder eine Geburtstagskarte im Briefkasten finde, die der Absender mit der Hand geschrieben hat. Und sei es noch so krakelig oder schief – es fühlt sich anders an. Nicht nur, dass ich es anfassen kann, nein, auch dass ich es mir hinhängen oder hinstellen kann und immer wieder in oft zufälligen Momenten draufschauen kann und erinnert werde. Der Absender hat sich Zeit genommen, um mir einen besonders persönlichen Gruß von Hand zukommen zu lassen.

Anlässe für deine Handschrift

Zeit ist für viele Menschen eine knappe Ressource. Deshalb sind Kurznachrichten gespickt mit Emojis um den getippten Worten doch noch Gefühle einzuhauchen, das erste Mittel der Wahl, um auf schnellem Weg zu kommunizieren.

Es gibt jedoch auch viele Gelegenheiten und Anlässe, bei denen du deine Handschrift nutzen kannst. Vor allem, wenn du deine persönliche Note mitgeben möchtest. Hier nur ein paar Ideen:

  • Grußkarten – nicht nur zum Geburtstag!
  • Tagebuch
  • (Reise)Journal
  • Einkaufszettel
  • Brainstorming
  • Mitschriften (Vorlesungen, Meetings)
  • Mindmaps
  • Rezepte

Susan schreibt mit füller in der Hand


Ich persönlich schreibe regelmässig Tagebuch und nutze dafür einen Füllfederhalter bei dem ich die Füllfederhalter mit Tintenkonverter. Dadurch kann ich die Tinte und damit die Tintenfarbe immer mal wieder verändern, vermeide den Plastikmüll von Einwegpatronen und helfe somit, die Umwelt zu schonen.


Einkaufszettel (wenn ich sie mal nicht mit Merktechniken im Gedächtnis abspeichere), Gesprächsnotizen und Lieblingsrezepte werden von mir auch handschriftlich festgehalten. Und ich besitze auch ein Rocketbuch. Dort kann ich per Hand schreiben und wenn es mir wirklich wichtig ist, den Inhalt digitalisieren. Vorteil für mich: ich kann darin “radieren” und die Seiten immer wieder neu benutzen. Ein quasi unendliches Notizbuch, das ich vor allem unterwegs sehr schätze.

Meine Handschrift ist insofern besonders als dass meine Kinder sie derzeit nicht lesen können. Es ist quasi meine Geheimschrift.

Zu welchem Anlass hast du das letzte Mal deine Handschrift benutzt?


2 Kommentare

  1. Madeleine

    Deswegen bin ich auch ganz klar FÜR den Spickzettel 😅 Mir ging das immer so.
    Liebe Grüsse

    Antworten
    • Susan Ebeling

      Genau, alle Schüler sollten Spicker schreiben – einfach mal so 😉
      Oder sie lernen einen legalen Spicker im Kopf zu machen – mit Merktechniken.

      Antworten

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